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Just do it – oder besser nicht. Können Markeninhaber ihren Lizenznehmern Import- und Exportbeschränkungen auferlegen?

Update Gewerblicher Rechtschutz & Kartellrecht 09/2019

September 2019

Das Markenrecht und das Kartellrecht stehen in einem Spannungsverhältnis. Denn das Ausschließlichkeitsrecht, das eine Marke gewährt, reicht nur so weit, wie es zur Ausübung des Markenrechts erforderlich ist, und endet dort, wo die Freiheit des Wettbewerbs unzulässigerweise beschränkt wird. Die Frage, welche Klauseln in Markenlizenzverträgen wettbewerbsrechtlich (noch) zulässig sind, beschäftigt die Praxis daher seit langem. Als unzulässig wird u. a. die Verbindung von ausschließlichen Gebietsklauseln mit Import- und Exportbeschränkungen angesehen, da sie zu einer territorialen Aufteilung des Binnenmarktes führt und die nationalen Grenzen innerhalb der Europäischen Union wieder errichtet.

Neue Kommissionsentscheidung

Mit einer Entscheidung vom 25. März 2019 hat die Europäische Kommission (nachfolgend „Kommission“) nun klargestellt, dass Gebietsbeschränkungen auch in nicht ausschließlichen Lizenzverträgen wettbewerbswidrig sein können, und gegen den Sportartikelhersteller Nike ein Bußgeld in Höhe von rund EUR 12,5 Mio. verhängt. Die Kommission sah die Praktiken von Nike in Bezug auf die Erteilung von einfachen Lizenzen und Generallizenzen zur Herstellung und zum Vertrieb von Merchandisingprodukten als Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens, welche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen verbieten.

Der Inhalt der Nike-Lizenzverträge

Nike erhielt von bekannten Fußballclubs wie dem FC Barcelona, AS Rom, Inter Mailand und Juventus Turin Lizenzen zur Herstellung von Merchandisingprodukten. Um die Herstellung und den Verkauf der Merchandisingprodukte zu ermöglichen, gründete Nike für jeden Fußballclub eine eigene Tochtergesellschaft und beauftragte diese mit der Verwaltung der einzelnen Merchandisingrechte. Auch erteilte Nike über diese Tochtergesellschaften Dritten einfache Lizenzen für die Herstellung und den Vertrieb der Merchandisingprodukte oder gewährte ihnen eine Generallizenz, die sie berechtigte, die ihnen eingeräumten Rechte unterzulizenzieren. Die Verträge gestaltete Nike dabei als nicht exklusive Lizenzverträge aus, in denen den Lizenznehmern im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Gebiete zugewiesen wurden, innerhalb derer sie die Merchandisingprodukte herstellen und vertreiben bzw. Unterlizenzen erteilen durften. Doch hierbei blieb es nicht. Zusätzlich nahm Nike im Zeitraum von 2004 bis 2017 verschiedene Regelungen in die Verträge auf, die den Lizenznehmern sowohl Aktiv- als auch Passivverkäufe außerhalb des ihnen zugewiesenen Gebiets ausdrücklich untersagten. Daneben verpflichtete Nike die Hersteller dazu, bei ihnen von außerhalb eingegangene Bestellungen an Nike weiterzuleiten, und nahm für dennoch erfolgte Verkäufe außerhalb des Gebiets Schadensersatzklauseln in die Verträge auf oder regelte, dass der jeweiligen Tochtergesellschaft für jeden Verkauf außerhalb des zugewiesenen Gebiets die doppelte Lizenzgebühr zustand. Darüber hinaus drohte Nike den Lizenznehmern bei Verkäufen außerhalb des jeweiligen Gebietes mit Vertragskündigungen und begrenzte die Anzahl der Sicherheitsetiketten, die die Lizenznehmer benötigten, um den offiziellen Charakter ihrer Produkte zu gewährleisten. Auch nutzte Nike z. T. Audits, um sicherzustellen, dass die Lizenznehmer ihre Aktivitäten auf die ihnen vertraglich zugewiesenen Gebiete beschränkten. Generallizenznehmern verbot Nike zudem, Unterlizenzen zu vergeben, die den Verkauf von Produkten außerhalb der ihnen zugewiesenen Gebiete ermöglichten, und verpflichtete sie dazu, eine Klausel in die Unterlizenzverträge aufzunehmen, nach der die Unterlizenznehmer weder direkt noch indirekt Produkte an Personen, Unternehmen oder Körperschaften verkaufen oder anderweitig zur Verfügung stellen durften, von denen sie wissen oder vernünftigerweise wissen sollten, dass diese die Produkte außerhalb des Gebietes verkaufen oder anderweitig zur Verfügung stellen würden.

Unzulässiger Kartellrechtsverstoß

Die Kommission sieht in den Maßnahmen von Nike zur Beschränkung des Verkaufs der lizenzierten Produkte außerhalb des zugewiesenen Gebiets einen Verstoß gegen das Kartellverbot. Ihren Feststellungen zufolge stellen die direkten und indirekten Maßnahmen gegenüber den einfachen Lizenznehmern und den Generallizenznehmern ein wettbewerbswidriges Verhalten dar, das eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitglieds- bzw. Vertragsstaaten bezweckt. Nike habe seine Lizenznehmer durch die Maßnahmen daran hindern wollen, die lizenzierten Produkte außerhalb des jeweils festgelegten Gebiets zu vertreiben, und so eine Abschottung seines Lizenznetzwerks erreichen wollen. Dieses Vorgehen führe zu einer Trennung der nationalen Märkte und stehe daher dem Ziel der Verträge, einen einheitlichen Binnenmarkt zu schaffen und zu erhalten, entgegen. Das Verhalten von Nike stellt sich dabei nach Ansicht der Kommission als ein einziger und anhaltender Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens im gesamten EWR dar. Dies führt die Kommission darauf zurück, dass die von Nike eingeführten Beschränkungen alle im Hinblick auf ein allgemeines wettbewerbswidriges Ziel, nämlich die Abschottung des Lizenznetzwerks, erlassen worden seien. Die Maßnahmen seien Teil einer allgemeinen Geschäftsstrategie von Nike gewesen, die darauf abzielte, die Gebiete zu kontrollieren, in denen Lizenznehmer die Produkte zum Nachteil des Wettbewerbs verkaufen konnten. Diese Praktiken hätten für die Verbraucher auch zu einer Verringerung der Wahlmöglichkeiten und möglicherweise infolge des geringeren Wettbewerbsniveaus auch zu höheren Preisen für bestimmte Produkte geführt. Auf Letzteres kommt es nach Ansicht der Kommission aber nicht an, da das Verhalten von Nike bereits seiner Natur nach und unabhängig von etwaigen konkreten Auswirkungen eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung darstelle und daher wettbewerbswidrig sei.

Praktische Bedeutung

Für die Praxis hat die Entscheidung der Kommission weitreichende Bedeutung. Bei der Gestaltung von Markenlizenzverträgen ist in Zukunft unbedingt darauf zu achten, dass auch bei Lizenzverträgen mit nicht ausschließlichen Gebietsklauseln keine Import- und Exportbeschränkungen in den Vertrag aufgenommen werden, die zu einer Trennung der nationalen Märkte führen. Bestehende Lizenzverträge sollten angesichts der neuen Entscheidung umgehend auf derartige Klauseln geprüft werden.

Dieser Artikel ist Teil des Update Gewerblicher Rechtsschutz und Kartellrecht, welches Sie hier abonnieren können.

Autoren

Foto vonMarkus Schöner
Dr. Markus Schöner, M.Jur. (Oxford)
Partner
Hamburg
Mareen Katt