06/12/2023
M&A-Transaktionen unter der Foreign Subsidies Regulation
Die EU Foreign Subsidies Regulation (FSR) sieht vor, dass bestimmte M&A-Transaktionen vor dem Vollzug bei der Europäischen Kommission (Kommission) angemeldet und von dieser freigegeben werden müssen. Die kumulativen Voraussetzungen für die Anmeldepflicht sind wie folgt: Die M&A-Transaktion führt zu dem Erwerb von alleiniger oder gemeinsamer Kontrolle über ein anderes Unternehmen oder der Gründung eines sog. Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmens (der Erwerb einer nichtkontrollierenden Minderheitsbeteiligung ist damit nicht erfasst). Das Zielunternehmen oder das Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen sind in der EU niedergelassen (wichtig: hierfür reicht bereits eine Betriebsstätte in der EU aus) und erzielen einen Umsatz in der EU von mindestens EUR 500 Mio. Die Erwerber und das Zielunternehmen oder das Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen haben in den vergangenen drei Jahren aggregiert drittstaatliche Zuwendungen in Höhe von mindestens EUR 50 Mio. erhalten. Die Kommission kann außerdem Anmeldungen (mit korrespondierendem Vollzugsverbot) auch ohne Überschreiten der Schwellenwerte verlangen, wenn sie eine Transaktion aufgrund drittstaatlicher Subventionen für möglicherweise wettbewerbsverzerrend hält. Einzige Voraussetzung hierfür ist die Vermutung der Kommission, dass in den letzten drei Jahren relevante drittstaatliche Subventionen geflossen sind. Neues M&A-relevantes Freigabeverfahren – auch für Unternehmen aus der EU Die FSR führt ein neues regulatorisches Freigabeverfahren ein, das in der M&A-Transaktionsplanung neben den bereits bekannten Instrumenten der Fusionskontrolle und der Investitionskontrolle zu berücksichtigen ist. Dabei hängt die Frage der Anmeldepflicht bzw. der Anwendbarkeit der FSR nicht davon ab, ob der Erwerber außerhalb der EU seinen Sitz hat – die Anmeldepflicht kann in der EU beheimatete Unternehmen ebenso treffen wie Unternehmen aus Drittstaaten, entscheidend sind allein die oben dargestellten Kriterien. Drittstaatliche Zuwendungen und drittstaatliche Subventionen Der Begriff der drittstaatlichen Zuwendung, der für die Frage der Anmeldepflicht zentral ist, ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff der drittstaatlichen Subvention. Die drittstaatliche Zuwendung ist wesentlich weiter und erfasst der Sache nach jede einem Drittstaat zurechenbare Maßnahme, die einen Geldwert hat oder der ein solcher zugemessen werden kann. Es spielt hierbei keine Rolle, ob die Maßnahme (bspw. die Zahlung durch eine drittstaatliche Behörde für eine Leistung oder eine Ware) zu marktkonformen Konditionen erfolgte oder nicht. Die Frage der Marktkonformität spielt erst eine Rolle bei der drittstaatlichen Subvention. Verfahren wie in der EU-Fusionskontrolle Das Prüfverfahren der Kommission entspricht mit Blick auf die Verfahrensfristen demjenigen der EU-Fusionskontrolle, die ggfs. parallel anwendbar sein kann. Die Kommission prüft in einer ersten Phase von 25 Arbeitstagen, ob sie in die vertiefte Prüfung einsteigen möchte, die dann wiederum grundsätzlich weitere 90 Arbeitstage in Anspruch nehmen kann. Der Anmeldung vorgeschaltet ist das inoffzielle Pränotifikationsverfahren, in dem die Parteien mit der Kommission den Inhalt der Anmeldung und deren etwaigen spezifischen Fragebedarf abklären. Wie in der EU-Fusionskontrolle unterliegen anmelde- und freigabepflichtige M&A-Transaktionen einem strengen Vollzugsverbot. Ein Verstoß hiergegen kann mit einer Geldbuße von bis zu 10% des weltweiten Gesamtumsatzes sanktioniert werden. Materieller Prüfungsmaßstab Die Kommission prüft inhaltlich, ob eine drittstaatliche Subvention geeignet ist, die Wettbewerbsposition eines Unternehmens innerhalb der EU zu verbessern und daher die Gefahr besteht, dass eine drittstaatliche Subvention den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt beeinträchtigt. Als zu berücksichtigende Indikatoren nennt die FSR u.a. die Art und Höhe der drittstaatlichen Subvention, die Situation des empfangenden Unternehmens und den Umfang von dessen Tätigkeit in der EU sowie den Zweck der drittstaatlichen Subvention und deren Voraussetzungen. Eine Verzerrung des Wettbewerbs in der EU soll wahrscheinlich vorliegen, wenn eine drittstaatliche Subvention einen Zusammenschluss „unmittelbar erleichtert“. Im Zusammenspiel mit Art. 19 FSR, der klarstellt, dass die materielle Prüfung auf den konkret angemeldeten Zusammenschluss beschränkt ist, ergibt sich ein streng zusammenschlussbezogener Blickwinkel. Es ist daher davon auszugehen, dass – wie in der EU-Fusionskontrolle – die weit überwiegende Anzahl an Anmeldungen Transaktionen betreffen wird, die keinerlei materielle Probleme aufwerfen. Ausblick Die Kommission hat selbst verlautbart, dass sie erst Erfahrungswerte in der Anwendung der FSR sammeln muss, sie also auch selbst Neuland betritt. Insofern wird das Jahr 2024 zu ersten wertvollen Einblicken in die sich entwickelnde Anwendungspraxis führen. Diese praktischen Erfahrungen werden in die Leitlinien der Kommission einfließen, die laut FSR spätestens am 12. Januar 2026 vorliegen müssen und u.a. Aussagen zu der Durchführung der materiellen Prüfung und zu den Kriterien enthalten sollen, die dafür relevant sind, ob die Kommission für eine M&A-Transaktion eine Anmeldung verlangt, obwohl die Schwellenwerte nicht überschritten sind.
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