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Update Commercial 12/2021

Dezember 2021

Kurz vor Jahresende informieren wir Sie in unserem Update noch einmal über Wissenswertes aus den Bereichen Produktion, Beschaffung und Vertrieb. Ein großes Thema bleibt die Reform des Kaufrechts zum 1. Januar 2022, die nicht nur B2C-Verträge, sondern auch den unternehmerischen Geschäftsverkehr betrifft.

Auf europäischer Ebene bestehen verschiedene Vorhaben, um Produkte sicherer und nachhaltiger zu machen. Dies ist auch ein Anliegen der neuen Ampel-Regierung, wie der Koalitionsvertrag zeigt. Was Unternehmen in der nächsten Legislaturperiode außerdem erwartet, beleuchten wir auf unserem Blog in der Serie Ampel 21 – Auswirkungen des Koalitionsvertrages.

Einen Ausblick darauf, welche Themen daneben im neuen Jahr wichtig werden, finden Sie auf unserer Homepage unter 2022 – Themen, die Sie bewegen werden.


Inhalt

Im Folgenden finden Sie die Themen des Newsletters.

Aktuelle Rechtsprechung

Gesetzgebung und Trends

Bei Interesse können Sie das Update Commercial hier abonnieren.


Aktuelle Rechtsprechung 

Gerichtsstandsvereinbarungen mit salvatorischer Klausel in AGB unzulässig

(OLG München, Beschluss v. 26. Oktober 2021 – 101 AR 148/21)

  • Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung, die eine sogenannte salvatorische Klausel enthält, ist auch bei einer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam. 
  • Die Klausel „Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist ausschließlich [Ort], soweit gesetzlich zulässig.“ benachteiligt nach einer Entscheidung des OLG München den Vertragspartner des Verwenders unangemessen.
  • Der Zusatz „soweit gesetzlich zulässig“ sei intransparent, da ihm keinerlei Anhaltspunkte entnommen werden könnten, unter welchen Umständen die Gerichtsstandsvereinbarung keine Wirkungen entfalten solle. Da rechtlich klar geregelt sei, in welchen Konstellationen Vereinbarungen über den Gerichtsstand zulässig sind, trage der Verwender die Verantwortung für eine klare, vom durchschnittlichen Vertragspartner ohne Weiteres nachvollziehbare Formulierung der Klausel. 

Praxistipp: Die Aufnahme eines salvatorischen Zusatzes wie „soweit gesetzlich zulässig“ o. Ä. mag auf den ersten Blick als eine elegante Lösung erscheinen, den mitunter unübersichtlichen rechtlichen Anforderungen an die Gestaltung von AGB zu genügen. Sie bewirkt jedoch in der Regel das Gegenteil: Da der Vertragspartner nicht mehr ohne Weiteres erkennen kann, für welche Fälle die jeweilige Regelung denn nun gelten soll, bewerten die Gerichte diese Zusätze regelmäßig als einen Verstoß gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot, was zur Folge hat, dass die Klauseln insgesamt für unwirksam erklärt werden. Zwar wird in der juristischen Literatur teilweise vertreten, dass derartige salvatorische Klauseln ausnahmsweise gerechtfertigt sein können, wenn die Rechtslage zweifelhaft ist oder wenn es dem Verwender im Interesse der Übersichtlichkeit der Klausel erspart werden soll, Ausnahmen für außergewöhnliche Sachverhalte zu formulieren. Für derartige Fälle gab es allerdings bislang keine obergerichtliche Bestätigung, sodass von der Verwendung grundsätzlich abzuraten ist. 

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Sittenwidrigkeit eines vertraglichen Wettbewerbsverbots in einem Lohnherstellervertrag

(OLG Stuttgart, Urteil v. 22. Juli 2021 – 2 U 136/21)

  • Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in einem Lohnherstellervertrag, nach dem der Lohnhersteller für einen Zeitraum von neun Monaten nach Beendigung der Zusammenarbeit keine Produkte herstellen oder vertreiben darf, die den fertigen Produkten des Kunden entsprechen oder vergleichbar sind, schränkt nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Herstellers unangemessen ein und ist daher wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.
  • Für ein wirksames Wettbewerbsverbot sei entscheidend, ob es sachlich erforderlich und zeitlich, räumlich und gegenständlich darauf beschränkt ist, den mit dem Austauschvertrag verfolgten Zweck zu erreichen. Ein anzuerkennendes Interesse reiche hierfür nicht aus, vielmehr sei eine durch den Vertragszweck gebotene Notwendigkeit erforderlich. 
  • Eine solche Notwendigkeit könne beispielsweise für den Schutz von Investitionen gegeben sein, wenn das in Rede stehende Vertriebsverhältnis ohne erhebliche Investitionen der einen Partei nicht durchführbar sei und diese Investitionen nur durch ein Wettbewerbsverbot vor einem möglichen Trittbrettfahrerverhalten der anderen Partei geschützt werden könnten. Insbesondere sei der Schutz vor illoyaler Verwertung des Erfolges der eigenen Arbeit anzuerkennen. 
  • Derartige Wettbewerbsverbote müssten dann allerdings sowohl sachlich auf den Gegenstand der Kooperation wie auch räumlich auf das bisherige Absatzgebiet beschränkt sein und dürften die wirtschaftliche Betätigung des anderen Teils nicht unbillig behindern. Dies sah das OLG Stuttgart bei der vertraglichen Regelung nicht als erfüllt an, da sie es dem Hersteller ohne jede räumliche Begrenzung verbiete, einen erheblichen Teil des Marktsegments zu bedienen. 

Praxistipp: Bei der Gestaltung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote sollten jedenfalls dann, wenn dem Vertragspartner keine besonderen Loyalitätspflichten obliegen, die einer konkurrierenden Tätigkeit entgegenstehen, die o. g. Grundsätze beachtet werden, um späteren Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit vorzubeugen. Anderenfalls besteht das Risiko, dass das Wettbewerbsverbot insgesamt für nichtig erklärt wird. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht lediglich dann, wenn das Wettbewerbsverbot ausschließlich in zeitlicher Hinsicht zu weit gefasst wird, im Übrigen aber unbedenklich ist. In diesem Fall kommt eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion in Betracht, d. h., lediglich der Zeitraum wird auf ein zulässiges Maß beschränkt, wobei das Verbot im Übrigen wirksam bleibt. Eine Missachtung der gegenständlichen und räumlichen Grenzen hat dagegen in der Regel die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots insgesamt zur Folge.

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Bestimmung der Vergütung für Vermittlung von Geschäftskontakten

(OLG Hamm, Urteil v. 30. September 2021 – 18 U 74/20)

  • Bei einem Vertrag über die Vermittlung von Geschäftskontakten ohne Förderung konkreter Geschäftsabschlüsse handelt es sich nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Hamm nicht um einen Handelsvertretervertrag, sondern um einen Geschäftsbesorgungsvertrag als Sonderform des Dienstvertrags. 
  • Ist in einem solchen Vertrag keine Vergütungsregelung enthalten und kann für die vereinbarten Tätigkeiten (ggf. auch im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme) keine übliche Vergütung ermittelt werden, ist die Vergütung nach Ansicht des OLG Hamm im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gerichtlich zu bestimmen. 
  • Die für diese Fälle ebenfalls denkbare Möglichkeit eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des Dienstverpflichteten gem. §§ 315, 316 BGB (bei dem die Angemessenheit im Streitfall gerichtlich überprüft werden kann) lehnte das Gericht ab, da es sich dabei um eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel handele, der gegenüber die Vertragsauslegung Vorrang habe. Zudem entspreche es in aller Regel nicht dem Interesse der Vertragsparteien, einer Partei eine einseitige Leistungsbestimmung zuzugestehen, die gegebenenfalls die Gegenseite dazu verpflichten würde, den bis zur Grenze der Billigkeit gehenden Betrag zu zahlen. 
  • Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kam das OLG Hamm für den konkreten Fall zu der Annahme, die Parteien hätten bei angemessener Abwägung ihrer Interessen eine Vergütung in Form einer an den Einnahmen bzw. Umsätzen orientierten Provision vereinbart, deren Höhe das Gericht anhand verschiedener verfügbarer Informationen selbst festlegte. 

Praxistipp: Die Entscheidung ist positiv für Unternehmen, die entsprechende Vermittlungsleistungen durch Dritte in Anspruch nehmen, da sie sich so – wenn keine ausdrückliche Vergütungsregelung getroffen wurde – nicht auf ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Vermittlers verweisen lassen müssen, sondern eine ergänzende Vertragsauslegung anhand objektiver Kriterien erfolgt. Um eine gerichtliche Auseinandersetzung aber nach Möglichkeit insgesamt zu vermeiden, empfiehlt es sich grundsätzlich, die Grundlagen der Zusammenarbeit und insbesondere Regelungen zur Vergütung bereits im Vorfeld vertraglich festzuhalten. 

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Kein Fernabsatzvertrag bei obligatorischem Ortstermin

(OLG Schleswig, Urteil v. 15. Oktober 2021 – 1 U 122/20)

  • Schließt ein Unternehmer mit einer Verbraucherin oder einem Verbraucher einen Dienst- oder Werkvertrag durch ein schriftliches Angebot des Unternehmers und eine telefonische Annahme – also ausschließlich durch Fernkommunikationsmittel – ab, liegt dennoch kein Fernabsatzvertrag im rechtlichen Sinne vor, wenn dem Vertrag zur Vorbereitung des Angebots ein gemeinsamer Ortstermin vorangegangen ist. 
  • Für die Einordnung als Fernabsatzvertrag, der Verbraucherinnen und Verbrauchern besonderen Schutz insbesondere in Form des Widerrufsrechts gewährt, ist nämlich erforderlich, dass nicht nur der Vertragsschluss, sondern auch die Vertragsverhandlungen ausschließlich ohne persönlichen Kontakt der Vertragspartner erfolgen. 
  • Wie das OLG Schleswig in diesem Zusammenhang klarstellt, ist dabei der Begriff der Vertragsverhandlungen von einer bloßen Information der (potentiellen) Kundinnen und Kunden vor Vertragsschluss abzugrenzen. Die Abgrenzung müsse dabei im Hinblick auf den Hintergrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher erfolgen: Während sich diese bei Verträgen über die Lieferung von Waren daraus ergebe, dass vor Vertragsschluss keine Prüfung der Ware möglich ist, gehe es bei Dienst- und Werkleistungen eher darum, ob sich die Verbraucherinnen und Verbraucher im persönlichen Gespräch mit dem Unternehmer vorab genauer über die zu erbringende Leistung informieren und dabei auch einen persönlichen Eindruck vom Unternehmer erhalten konnten. 
  • Finde vor dem Abschluss eines solchen Dienst- oder Werkvertrags ein obligatorischer gemeinsamer Ortstermin statt, bei dem die Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit haben, ausreichend Informationen zu erfragen, um ein späteres Angebot sachgerecht beurteilen zu können, bedürften sie des zusätzlichen Schutzes des Fernabsatzrechts nicht mehr. 

Praxistipp: Die Frage, ob bei einem Verbrauchervertrag ein Widerrufsrecht besteht, ist für Unternehmer von zentraler Bedeutung, da mit dem Widerrufsrecht entsprechende Informations- und Belehrungspflichten vor Vertragsschluss einhergehen. Die Entscheidung des OLG Schleswig bietet insoweit eine Abgrenzungshilfe für Verträge, bei denen es vor Vertragsschluss zu einem persönlichen Kontakt kommt. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nicht jeder persönliche Kontakt mit potentiellen Kundinnen und Kunden ausreicht, um einen Fernabsatzvertrag auszuschließen. Erforderlich ist, dass ein Informationsaustausch ermöglicht wird, der die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzt, eine informierte Entscheidung über den Vertragsschluss zu treffen. Zudem muss ein ausreichend enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den „Verhandlungen“ und dem Vertragsschluss bestehen. Wie das OLG betont, existiert hierfür keine starre zeitliche Grenze, sondern die Frage, wie lange dieser Zusammenhang gewahrt wird, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab.

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Gesetzgebung und Trends

Wichtige Änderungen im Kaufrecht ab 1. Januar 2022

(Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags vom 25. Juni 2021; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen vom 25. Juni 2021)

  • Zum 1. Januar 2022 erfährt das BGB ein Update: Das Kaufrecht wird neu geregelt und erstmals gelten einheitliche Vorgaben für Verträge über digitale Produkte. Hintergrund ist die Umsetzung von zwei EU-Richtlinien: die Warenkaufrichtlinie (RL (EU) 2019/771), die zum 1. Januar 2022 die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ersetzt, und die Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen (RL (EU) 2019/770; wir berichteten im Update Commercial 06/2019). 
  • Während die Richtlinien ausschließlich Vorgaben für Verträge zwischen Unternehmern und Verbraucherinnen und Verbrauchern aufstellen, ging der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung einen Schritt weiter, sodass einige der Änderungen auch B2B-Verträge betreffen. Wir stellen die wichtigsten Neuerungen hier vor.

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Novellierung der Preisangabenverordnung beschlossen – Änderungen beim Grundpreis und bei Werbung mit Preisermäßigungen

(Verordnung zur Novellierung der Preisangabenverordnung vom 12. November 2021)

  • Im November wurde eine Novelle der Preisangabenverordnung beschlossen, die u. a. neue Vorgaben zur Werbung mit Preisermäßigungen enthält (wir berichteten im Update Commercial 08/2021 und in diesem Blogbeitrag über den entsprechenden Referentenentwurf). 
  • Wichtigste Neuregelung ist die Einführung einer Vorschrift zur Bekanntgabe von Preisermäßigungen. Hierbei ist künftig immer auch der vorherige Preis anzugeben, wobei es sich um den niedrigsten Preis handeln muss, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Ermäßigung verlangt wurde. 
  • Im Vergleich zu dem vorgestellten Entwurf haben sich im Gesetzgebungsverfahren noch zwei inhaltliche Änderungen ergeben: Die Mengeneinheit für die Angabe des Grundpreises beträgt künftig einheitlich nur noch 1 Kilogramm bzw. 1 Liter. Die bisherige Möglichkeit einer Abweichung bei Waren, deren Nenngewicht oder Nennvolumen üblicherweise 250 Gramm oder 250 Milliliter nicht übersteigen, wird ersatzlos gestrichen. Die zweite Änderung betrifft Preisangaben beim Aufladen von Elektrofahrzeugen, die künftig auch über eine Abrufoption über mobile Endgeräte möglich sind. 
  • Die geänderte Preisangabenverordnung tritt zum 28. Mai 2022 in Kraft. 

Praxistipp: Betroffene Händler sollten sich rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderungen mit den neuen Vorgaben befassen und ihre Preisangaben entsprechend umstellen – anderenfalls können Abmahnungen und Bußgelder drohen. 

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Europäische Produkthaftungsrichtlinie soll überarbeitet werden

(Zivilrechtliche Haftung – Anpassung der Haftungsregeln an das digitale Zeitalter und an die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz)

  • Die Europäische Kommission hat im Oktober eine öffentliche Konsultation zur Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie (RL 85/374/EWG) eingeleitet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in Produkten und Dienstleistungen und der Frage, welche Wirtschaftsteilnehmer für Schäden haften sollten.
  • Die Produkthaftungsrichtlinie bildet seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 1985 einen europaweit einheitlichen Haftungsrahmen, wenn Verbraucherinnen und Verbrauchern Schäden durch fehlerhafte Produkte entstehen. Eine Bewertung der Richtlinie im Jahr 2018 ergab, dass die Richtlinie zwar insgesamt wirksam, aber aufgrund ihrer veralteten Konzepte nur schwer auf Produkte in der digitalen Wirtschaft und der Kreislaufwirtschaft anwendbar ist. Insbesondere ist nicht klar, inwieweit immaterielle Gegenstände wie digitale Inhalte, Software und Daten unter die Richtlinie fallen, insbesondere wenn sie getrennt von einem materiellen Produkt bereitgestellt werden.
  • Weiteren Reformbedarf im Bereich der Haftungsregelungen zeigten in 2020 das Weissbuch zur Künstlichen Intelligenz und der Bericht der EU-Kommission über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz, des Internets der Dinge und der Robotik in Hinblick auf Sicherheit und Haftung auf.   
  • Die Konsultation soll Aufschluss darüber geben, ob die Notwendigkeit besteht, die Produkthaftungsrichtlinie im Hinblick auf KI-spezifische Herausforderungen anzupassen, und mögliche Wege dafür sowie weitere allgemeine Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. Sie läuft bis zum 10. Januar 2022. 

Praxistipp: Nachdem die EU-Kommission im Juni 2021 bereits einen Entwurf zur Ablösung der Produktsicherheitsrichtlinie aus dem Jahr 2001 durch eine Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit vorgestellt hat (wir berichteten im Update Commercial 08/2021), sollen nun auch die europäischen Vorschriften über die Produkthaftung einer Reform unterzogen werden. Im Hinblick auf die KI-spezifischen Besonderheiten folgt die Initiative zur Anpassung der Haftungsregeln an das digitale Zeitalter und an die Entwicklungen im KI-Bereich auf den im April 2021 von der EU-Kommission vorgelegten weltweit ersten Vorschlag für ein KI-Gesetz und soll diesen um allgemeine Haftungsregelungen ergänzen. Mit diesem stufenweisen Ansatz will die EU-Kommission die für Investitionen erforderliche Rechtssicherheit schaffen und sicherstellen, dass Opfer von durch KI-gestützte Produkte und Dienste verursachten Schäden ein ähnliches Schutzniveau genießen wie die Opfer von Schäden, die durch Technologien verursacht werden, die ohne künstliche Intelligenz arbeiten. Ob dieses Ziel durch eine entsprechende Ergänzung der Produkthaftungsrichtlinie oder – wie vom Europäischen Parlament vorgeschlagen – eine eigene „KI-Haftungsverordnung“ erreicht werden soll, bleibt abzuwarten. Ein entsprechender Regelungsvorschlag wird für das dritte Quartal 2022 erwartet. 

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EU-Kommission veröffentlicht Entwurf einer Verordnung zu Sorgfaltspflichten für Produkte, die zur Entwaldung beitragen

(Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the making available on the Union market as well as export from the Union of certain commodities and products associated with deforestation and forest degradation and repealing Regulation (EU) No 995/2010 – COM/2021/706 final)

  • Die Europäische Kommission hat am 17. November 2021 den Vorschlag für eine Verordnung zu Sorgfaltspflichten im Hinblick auf das Inverkehrbringen und die Bereitstellung sowie die Ausfuhr von Rindern, Kakao, Kaffee, Ölpalmen, Soja und Holz veröffentlicht. Betroffen sind auch bestimmte Produkte, die aus diesen Waren hergestellt worden sind, wie etwa Rindfleisch, Palmöl, Schokolade oder Holzmöbel. Ziele des Vorschlags sind es, den Beitrag der EU zur Entwaldung und Waldschädigung weltweit zu minimieren sowie den Beitrag der EU zu Treibhausgasemissionen und zum Verlust der globalen Biodiversität zu reduzieren. Die Verordnung soll die bestehende Holzhandelsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 995/2010) ablösen.
  • Wer die oben genannten Waren und Produkte auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen oder bereitstellen oder sie aus dem Unionsmarkt ausführen will, muss nach dem Vorschlag dafür sorgen, dass diese „entwaldungsfrei“ (deforestation-free) sind und im Einklang mit dem Recht des Herstellungslandes hergestellt worden sind, und vor dem Inverkehrbringen, der Bereitstellung bzw. der Ausfuhr eine entsprechende Erklärung bei der zuständigen Behörde einreichen. Die Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Entwaldungsfreiheit und die Rechtmäßigkeit der Herstellung umfassen das Einholen von Informationen, Maßnahmen zur Risikobewertung und Maßnahmen zur Risikominderung. 
  • Die Mitgliedstaaten müssen Sanktionen für Verstöße gegen die geplante Verordnung festlegen. Dazu gehören mindestens die folgenden Sanktionen: (1) Bußgelder, die im Verhältnis zum Umweltschaden und zum Wert der betreffenden Waren oder Produkte stehen; der Höchstbetrag muss mindestens 4 % des Jahresumsatzes in dem betreffenden Mitgliedstaat oder den betreffenden Mitgliedstaaten betragen; (2) Beschlagnahme der betreffenden Waren und Produkte; (3) Einziehung der Einnahmen aus einem Geschäft mit den betreffenden Waren oder Produkten; (4) vorübergehender Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren. 

Praxistipp: Der Vorschlag der Europäischen Kommission dient der Umsetzung des European Green Deal und ist ein Beleg für die zunehmende Bedeutung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. Die Supply Chain Compliance entwickelt sich zu einem festen Bestandteil der Compliance in Unternehmen – neben der Prüfung von Geschäftspartnern, der Geldwäsche- und Korruptionsprävention und dem Kartellrecht. Dies zeigt sich etwa auch am jüngst beschlossenen deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und an der geplanten EU-Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung. Die Veröffentlichung des Vorschlags dafür hat die Kommission kürzlich erneut verschoben. Ein neues Datum steht noch nicht fest, aber dass eine EU-Regelung kommen wird, scheint angesichts der Dynamik dieses Themas und der gesetzgeberischen Aktivitäten in mehreren europäischen Ländern ziemlich sicher.

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Mehr Cybersicherheit bei drahtlosen Geräten und Produkten

(Pressemitteilung der EU-Kommission v. 29. Oktober 2021)

  • Die EU-Kommission hat neue Regelungen erlassen, durch die die Cybersicherheit bei drahtlosen Geräten, die in der EU verkauft werden, verbessert werden soll. Durch die neuen Vorgaben sollen die Privatsphäre und die personenbezogenen Daten der Nutzerinnen und Nutzer geschützt und Betrugsdelikte verhindert werden. Verbindliche Cybersicherheits-Anforderungen sollen künftig z. B. für drahtlose Geräte wie Mobiltelefone, Tablets und andere internetfähige Produkte, für Spielzeug und Babymonitore oder tragbare Geräte wie Smartwatches und Fitness-Tracker gelten. 
  • Die betroffenen Gerätekategorien sind in einem delegierten Rechtsakt zur Funkanlagenrichtlinie (RL 2014/53/EU) gelistet. Sofern der Europäische Rat und das EU-Parlament keine Einwände erheben, treten die neuen Vorgaben Anfang 2022 in Kraft. Anschließend haben die betroffenen Hersteller eine Übergangsfrist von 30 Monaten, um die neuen rechtlichen Anforderungen umzusetzen. 
  • Welche konkreten Cybersicherheits-Anforderungen die Hersteller der genannten Geräte erfüllen müssen, ergibt sich aus der delegierten Verordnung noch nicht. Die hierfür ausstehende technische Konkretisierung in harmonisierten Normen wird zeitnah den europäischen Normungsorganisationen obliegen.

Praxistipp: Es empfiehlt sich für betroffene Hersteller, die anstehende Ausarbeitung harmonisierter Normen im Blick zu behalten und sich hieran gegebenenfalls zu beteiligen, um auf eine praxisgerechte Ausgestaltung der Anforderungen hinzuwirken. Jedenfalls sollten sich Hersteller möglichst frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut machen, um diese schnellstmöglich in den Produktentwicklungszyklus einfließen lassen zu können. Nähere Informationen finden Sie in unserem Blog-Beitrag EU-Kommission initiiert Festlegung von IT-Sicherheitsanforderungen für drahtlose, vernetzte Geräte.

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Die Pläne der Ampel-Koalition im Kartellrecht

Die Ampel-Koalition will eine strengere EU-Regulierung für Gatekeeper, das GWB überprüfen, das Kartellamt im Verbraucherschutz stärken und unfairen Handel bekämpfen. Mehr dazu erfahren Sie hier.

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