Eine nicht durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss genehmigte Vergütungsauszahlung an den Geschäftsführer kann grundsätzlich durch die Gesellschaft zurückgefordert werden. Im hier gegenständlichen Urteil klagte eine GmbH gegen ihren früheren Geschäftsführer wegen der Auszahlung von fünf Einmalzahlungen zwischen jeweils EUR 30.000 und EUR 35.000 in fünf aufeinanderfolgenden Jahren. Nachdem das LG Potsdam (6. Dezember 2022 – 8 O 297/20) den Beklagten noch vollumfänglich zur Rückzahlung von insgesamt EUR 170.000 nebst Zinsen verpflichtet hatte, hatte die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht der Klägerin nur noch einen Anspruch in Höhe von EUR 70.000 nebst Zinsen zusprach.
Änderungen der Bezüge nur nach schriftlicher Vereinbarung
Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestand ein Geschäftsführeranstellungsvertrag, nach dem der Beklagte – Geschäftsführer und Mitgesellschafter – neben einem fixen Jahresgehalt auch Anspruch auf eine feste Tantieme von mindestens DM 12.000 hatte. Änderungen der Bezüge sollten nur nach schriftlicher Vereinbarung möglich sein. Gleichwohl – ohne dass eine entsprechende Vereinbarung geschlossen oder ein Gesellschafterbeschluss gefasst wurde – wies der beklagte Geschäftsführer seine Mitarbeitenden jeweils an, ihm die Einmalzahlungen auszuzahlen.
Eigenständige Festlegung der Vergütung ist Pflichtverletzung
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht stellten fest, dass der Beklagte den der Klägerin hierdurch entstandenen Schaden grundsätzlich aufgrund von Verletzung seiner ihm als Geschäftsführer auferlegten Pflichten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG zu ersetzen hat. Die eigenständige Festlegung der von dem beklagten Geschäftsführer als angemessen bezeichneten zusätzlichen Vergütungen stellte nach Ansicht des Gerichtes eine solche Pflichtverletzung dar. Unter Berücksichtigung des anwendbaren Maßstabes, der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, hat die Geschäftsführung danach darauf zu achten, den Wert des Unternehmens zu erhalten und ihn nachhaltig zu steigern. Dazu gehöre auch, die eigenen Interessen von denen des Unternehmens zu trennen.
Angemessenheit der Vergütung ist kein Einwand
Auch der Einwand, die Vergütung sei angemessen gewesen, ändert nach Auffassung des Oberlandesgerichts an diesem Ergebnis nichts: Die Entscheidung über die Höhe der Vergütung sei – mangels abweichender Regelungen – allein Kompetenz der Gesellschafterversammlung. Selbst wenn nach objektiven Kriterien die Angemessenheit anzunehmen sei, bestehe danach so lange kein Anspruch auf die Vergütung, wie ein diesbezüglicher Gesellschafterbeschluss fehlt.
Entlastung schließt GmbH-Anspruch aus
Im hier gegenständlichen Fall hatte der Beklagte jedoch Glück: Die Gesellschafterversammlung hatte ihm für die drei Jahre, in die die ersten drei Auszahlungen fielen, bereits Entlastung erteilt. Seine Haftung – und damit der Schadensersatzanspruch der Gesellschaft – war so für diese Jahre ausgeschlossen. Mit dem Entlastungsbeschluss (§ 46 Nr. 5 GmbHG) wird dem Geschäftsführer nicht nur das gesellschafterseitige Vertrauen ausgesprochen. Es werden damit auch Schadensersatzansprüche und Abberufungsgründe ausgeschlossen. Für die Reichweite des Entlastungsbeschlusses ist dabei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entscheidend, ob die Geschäftsvorgänge für die Gesellschafter bei sorgfältiger Prüfung der im Rahmen der Rechnungslegung vorgelegten Unterlagen erkennbar waren. Die Gesellschafter sind gehalten, hier durch „Nachrechnen oder Nachfragen“ aufzuklären, ob von der Geschäftsführungskompetenz nicht gedeckte Zahlungen getätigt wurden. Ist es den Gesellschaftern nicht möglich, derartige Nachforschungen vorzunehmen, etwa, weil der Geschäftsführer Informationen verborgen hält, tritt keine Entlastungswirkung ein.
Keine Entlastungswirkung durch Aufstellung des Jahresabschlusses
Hinsichtlich der sich auf die späteren zwei Jahre beziehenden Schadensersatzansprüche ließ sich das Gericht vom Beklagten nicht überzeugen. Seine Auffassung, die oben skizzierten Wirkungen der Entlastung würden bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer bereits durch Aufstellung des Jahresabschlusses eintreten, teilte es nicht. Nach geltender BGH-Rechtsprechung wird durch die Feststellung der Bilanz der Jahresabschluss gesellschaftsintern gebilligt. Die Gesellschafter erkennen Ansprüche zwischen sich und der Gesellschaft an und stellen fest, welche Ausgaben getätigt wurden. Über die Höhe und Angemessenheit von Drittansprüchen werden aber grundsätzlich keine Feststellungen getroffen. Ein solches Drittverhältnis liege hier aber gerade vor, wenn das Anstellungsverhältnis zum Geschäftsführer betroffen sei. Die Feststellung der Jahresabschlüsse schließe daher die rechtlichen Schadensersatzansprüche nicht aus.
Einwand nach § 138 wegen fehlender Angemessenheit überzeugt nicht
Auch der Einwand des Beklagten, das vereinbarte Gehalt sei unangemessen niedrig, im Sinne des § 138 BGB daher sittenwidrig, die vorgenommenen Auszahlungen seien nur angemessen und der Gesellschaft sei kein Schaden entstanden, überzeugte das Gericht nicht. Interessant ist dabei insbesondere die Ausführung des Gerichts zum Schaden: Entgegen der Auffassung des Beklagten sei dieser nämlich nicht deswegen entfallen, weil die getätigte Auszahlung dem Wert der erbrachten Geschäftsführertätigkeit entsprochen habe und daher angemessen gewesen sei. Auch für die Frage, ob ein Schaden vorliegt, ist nach Auffassung des Gerichts nicht entscheidend, ob die Auszahlung angemessen war oder nicht. Zwar könne nach geltender BGH-Rechtsprechung der Geschäftsführung grundsätzlich ein Anspruch auf Anpassung des Gehalts gegenüber der GmbH zustehen. Dies gelte aber nur in krassen Ausnahmefällen, wenn eine Anpassung an die veränderten Verhältnisse für eine „verständige Weiterführung des Gesellschaftszwecks geboten“ erscheine. Dies sei hier nicht der Fall.
Praxistipp: Prüfen, rechnen, fragen
Geschäftsführern sei im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflichten empfohlen, Vergütungsanpassungen nur nach entsprechendem Beschluss der Gesellschafterversammlung vorzunehmen und sich des zur Personalkompetenz gehörenden Zustimmungsbedürfnisses der Gesellschafterversammlung bewusst zu sein.
Die Gesellschafterversammlung sollte, bevor sie einen Entlastungsbeschluss fasst, die vorgelegten Unterlagen sorgfältig prüfen, nachrechnen und sich bei Fragen und Unstimmigkeiten erkundigen. Die Rechtsfolgen des Entlastungsbeschlusses sollten dabei nicht leichtfertig herbeigeführt werden. Soweit Anhaltspunkte für eine Schädigung der Gesellschaft bestehen, ist an einen Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG zur Inanspruchnahme des Geschäftsführers zu denken.
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