Sinkende Zahl „Grüner Patente“
Im April 2021 gaben das Europäische Patentamt (EPA) und die Internationale Energieagentur (IEA) das Ergebnis ihrer gemeinsamen Studie: „Patente und die Energiewende – globale Innovationstrends bei sauberen Energien“ bekannt. Obwohl zuletzt die Zahl von Patentanmeldungen im Bereich der kohlenstoffarmen Energietechnologien wieder etwas anstieg, waren es im Untersuchungszeitraum von 2017 bis 2019 im Durchschnitt im Vergleich zu den Jahren 2000 bis 2013 deutlich weniger. Die mit Abstand meisten Innovationen kommen dabei derzeit aus Japan, das einen Anteil von 26,2 % hat, gefolgt von den USA (21 %), Deutschland (12,4 %) und Südkorea (9 %).
Größere Aktivitäten sind hingegen in den vergangenen Jahren in anderen Technologiebereichen zu verzeichnen. Auch dort wird von „Grünen Patenten“ gesprochen. Sie betreffen Innovationen, die ebenfalls auf die Förderung von klima- und umweltbezogener Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Hier ist unter anderem an umweltfreundlichere biologisch herstellbare und abbaubare Kunststoffe und – besonders emotional diskutiert – Patente auf genetisch veränderte Pflanzen zu denken. Auch in diesen Bereichen sind Innovationen für eine kurzfristige Transformation in eine klimaneutrale Industriegesellschaft essenziell, um die Ziele des EU Green Deal zu erreichen.
Energiewende nur mit „Grünen Patenten“
Mit Blick auf das Ergebnis der gemeinsamen Studie erklärte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol: „Um die angestrebte Netto-Null-Emissionsbilanz bis 2050 zu erreichen, muss fast die Hälfte aller Emissionssenkungen über Technologien erfolgen, die heute noch nicht auf dem Markt sind.“ Die Verlangsamung innovativer Tätigkeit im Bereich der kohlenstoffarmen Energietechnologien in der jüngsten Vergangenheit ist vor allem auf die deutlich geringeren Preise fossiler Energieträger zurückzuführen. Es sind daher nun deutliche Innovationsanreize und -sprünge gefordert, um die notwendige Klimaneutralität bis 2050 doch noch zu erreichen. Hier sind weitere Innovationen in allen Bereichen der Energiewirtschaft erforderlich, von der Energieerzeugung über die Energiespeicherung, intelligente Stromnetze und „grünes Transportwesen“ bis hin zu „grüner Bau(stoff)technologie“.
Spätestens seitdem die Bundesregierung ihre Nationale Wasserstoffstrategie ausgerufen hat, ist der Wettlauf um patentierbare Innovationen zur Erzeugung grünen Wasserstoffs eröffnet. An Ideen und Entwicklungen für Wasserstoff-basierte Verbrauchstechnologien von der Brennstoffzelle bis hin zum Ersatzstoff für Koks in der Stahlherstellung mangelt es nicht. Die Herausforderung ist, den absehbar hohen Bedarf an Wasserstoff als Energieträger der Zukunft, der auf der Verbrauchsseite CO2-neutral ist, auch klimaneutral herzustellen. Patentierbare technologische Ansätze gibt es hier bereits. Bemühungen um die Erhöhung des Wirkungsgrades der Elektrolyse von mit Solar- oder Windenergie hergestelltem Strom wirken hier schon eher „altbacken“. In der Grundlagenforschung befindliche Technologieansätze wie die photosynthetische Herstellung von Wasserstoff mit speziellen Membranen oder genetisch veränderten Cyanobakterien lassen auf die erfolgreiche Umstellung auf eine klimaneutrale Wasserstoff-basierte Industriegesellschaft hoffen.
Patentschutz auf nachhaltige Technologien bei Kunststoffen
Neben Patenten auf kohlenstoffarme Energietechnologien wurde in den vergangenen Jahren eine große Zahl „Grüner Patente“ für Innovationen für nachhaltige biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe angemeldet. Dies hat das EPA erst im Oktober 2021 als Ergebnis seiner Studie „Patente für die Kunststoffe der Zukunft: Globale Innovationstrends in den Bereichen Recycling, kreislauffähiges Design und alternative Rohstoffe“ festgehalten. Es wurde festgestellt, dass zwischen 2010 und 2019 auf Europa und die USA jeweils 30 %, also 60 % der weltweiten Patentaktivitäten in diesem Bereich, entfielen. Die größte Patentaktivität gab es im Bereich der Biokunststoffe und bei chemischen und biologischen Kunststoffrecycling-Technologien. Neuere Trends betreffen biologische Verfahren unter Nutzung lebender Mikroorganismen oder das Kunststoff-zu-Monomer-Verfahren, mit dem Polymere zu den Grund-/Rohstoffen für die erneute Kunststoffproduktion abgebaut werden. Dies ist ressourcenschonend und reduziert die im Rahmen der üblichen Kreislaufwirtschaft starke Freisetzung von klimaschädlichem CO2 und Methan.
Patent-Waiver-Diskussion als Innovationskiller
Die Klimaneutralität unserer Industriegesellschaft ist die vielleicht größte Herausforderung des laufenden Jahrhunderts. Dieses Ziel wird nur mit Innovationen erreichbar sein. Wichtiger als öffentliche Subventionierung entsprechender Forschung und Entwicklung ist hierfür die Schaffung eines innovationsfreundlichen Umfelds. Essenzieller Bestandteil ist die Gewährleistung eines effektiven Patentschutzes als Motor der Innovation. Die aktuellen Diskussionen um einen Patent-Waiver für Impfstoffpatente im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie sind dabei eher kontraproduktiv. Wer will in die Erschaffung von innovativen klimafreundlichen Technologien investieren, wenn er bei Erfolg damit rechnen müsste, unter Verweis auf die große gesellschaftliche Herausforderung „Klimaneutralität“ die Früchte seiner erfinderischen Arbeit nicht – durch Patente zeitlich befristet – exklusiv ernten zu können?
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