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Verfall von Marken – BGH ändert seine Rechtsprechung zum Verfallsverfahren

Update Gewerblicher Rechtsschutz & Kartellrecht 12/2021

Dezember 2021

Eingetragene Marken müssen im geschäftlichen Verkehr auch tatsächlich benutzt werden. Wird eine Marke über einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt oder zumindest nicht in der Weise, in der sie eingetragen wurde, kann die Marke auf Bestreben eines Dritten für verfallen erklärt und gelöscht werden.

Im umkämpften Wettbewerb der Marken wird das Verfallsverfahren nicht selten bemüht, um störende Marken anzugreifen. Bereits das am 14. Januar 2019 in Kraft getretene Markenmodernisierungsgesetz hat diesbezüglich einige Änderungen gebracht. Anfang des Jahres 2021 hat sich der BGH (Urteil vom 14. Januar 2021 – I ZR 40/20 „STELLA“) mit grundsätzlichen Anforderungen an die Verfallsklage auseinandergesetzt und dabei seine bisherige Rechtsprechung in zwei wesentlichen Punkten geändert.

Ausgangspunkt bildete die Wortmarke „STELLA“, die bereits seit 1982 für Schaumweine im deutschen Markenregister eingetragen war. Eine Konkurrentin der Markeninhaberin beantragte im Mai 2017 zunächst die Löschung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) wegen Nichtbenutzung. Dem widersprach die Markeninhaberin im Juli, woraufhin ihr im September die Klage auf Löschung der Marke zugestellt wurde.

Im Prozess legte die Markeninhaberin mehrere Rechnungen vor, aus denen hervorging, dass in den letzten Jahren mehrfach Schaumwein der Marke „STELLA“ an verschiedene Händler ausgeliefert worden war. Vorgelegte Bilder der Flaschen sollten beweisen, dass die Marke auf den Etiketten auch tatsächlich benutzt worden war.

Fünfjahreszeitraum falsch bemessen

Der BGH musste zunächst klären, wie die für die Nichtbenutzung maßgeblichen fünf Jahre überhaupt zu bemessen sind. Das Markengesetz regelt zwar den Fristbeginn, zum Fristende sind die einschlägigen Bestimmungen jedoch weniger eindeutig. Bislang hatte der BGH die Auffassung vertreten, dass – entsprechend den Grundsätzen des deutschen Zivilrechts – auch der Zeitraum bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz berücksichtigt werden muss.

Daran hält der BGH aufgrund einer unionsrechtskonformen Auslegung der §§ 49, 52 MarkenG jedoch nicht mehr fest. Vielmehr sei schon auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, also das Datum der Zustellung der Klage an den Beklagten, abzustellen. Falls der Klageerhebung ein Antrag beim DPMA vorausging, ist nach dem BGH sogar auf diesen früheren Zeitpunkt abzustellen. Voraussetzung dafür ist allerdings entsprechend § 49 Abs. 1 Satz 4 MarkenG, dass der Kläger nach dem Widerspruch des Markeninhabers nicht länger als drei Monate mit der Klageerhebung wartet. Das war hier der Fall – maßgeblich für die Frage der Markenbenutzung war also der Zeitraum bis zum Mai 2017.

Neue Rechtsprechung: Beweislast trifft den Markeninhaber

In einem weiteren Punkt widmete sich der BGH der Frage, wie die Darlegungs- und Beweislast zu verteilen ist. Nach bisher ständiger Rechtsprechung der deutschen Gerichte musste der Kläger den Beweis dafür erbringen, dass die Streitmarke nicht benutzt wurde. Den beklagten Markeninhaber traf lediglich eine sekundäre Darlegungslast. Dieser Rechtsauffassung hatte der EuGH jedoch spätestens mit Urteil vom 22. Oktober 2020 (C-720/18, C-721/18) eine Absage erteilt.

Nach der Begründung des EuGH ist der Markeninhaber am besten und häufig sogar als Einziger überhaupt in der Lage, einen Nachweis für die ernsthafte Benutzung seiner Marke zu erbringen. Diese Beweislastverteilung bringt nach Auffassung des EuGH lediglich zum Ausdruck, „was die Vernunft und ein elementares Erfordernis der Verfahrenseffizienz gebieten“.

Dem schließt sich der BGH nun an. Im vorliegenden Fall musste also die Markeninhaberin beweisen, dass sie die Marke „STELLA“ für ihre Schaumweine im fraglichen Zeitraum ernsthaft benutzt hatte. Die vorgelegten Rechnungen und Abbildungen stellen einen solchen Beweis dar. Allerdings war das Bestreiten der Benutzung durch die Klägerin hinreichend substantiiert. So ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht unzweifelhaft, dass es sich bei den Weinflaschen aus der Rechnung auch tatsächlich um die Flaschen mit dem Etikett „STELLA“ handele. Das muss nun vom Berufungsgericht erneut festgestellt werden.

Fazit: Erleichterungen für den Kläger

Die Rechtsprechungsänderungen verstärken den Gleichlauf zwischen Unionsrecht und nationalem Recht und sind damit zu begrüßen. Insbesondere die neue Beweislastverteilung könnte dazu führen, dass Verfallsklagen nun zunehmen. Markeninhabern ist dringend zu empfehlen, die rechtserhaltende Benutzung lückenlos zu dokumentieren, um im Fall einer möglichen Klage den erforderlichen Nachweis erbringen zu können.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass mit dem Markenrechtsmodernisierungsgesetz auch das Verfallsverfahren vor dem DPMA reformiert wurde. Während nach alter Rechtslage bei einem Widerspruch des Markeninhabers nur ein gerichtliches Klageverfahren offenstand, ist es nun auch möglich, das Verfallsverfahren vollständig vor dem DPMA zu führen. Da dieses Verfahren deutlich kostengünstiger ist und keinem Anwaltszwang unterliegt, bleibt abzuwarten, welche Bedeutung der Verfallsklage in Zukunft zukommt.

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Robin Schmitt